Wie sich deine Schwärmerei für einen Prominenten auf deine reale Beziehung auswirken könnte
Was die Wissenschaft uns über einseitige emotionale Bindungen und deren überraschende Auswirkungen auf die Liebe lehrt
Kennst du dieses warme Gefühl, das dich überkommt, wenn du deinen Lieblingsschauspieler in Interviews siehst, oder wie sehr du dich für den Alltag eines Streamers interessierst? Das ist nicht einfach nur oberflächliche Fanliebe – Psychologen nennen es eine parasoziale Beziehung. Und es stellt sich heraus, dass diese einseitigen emotionalen Bindungen tatsächlich Auswirkungen auf dein Liebesleben haben können.
Was genau sind parasoziale Beziehungen?
Eine parasoziale Beziehung ist im Grunde eine einseitige emotionale Bindung, die man zu jemandem aufbaut, der nichts von der eigenen Existenz weiß. Man denke an Prominente, fiktive Charaktere, Influencer oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Man hat das Gefühl, sie in- und auswendig zu kennen – man hat unzählige Stunden ihrer Inhalte konsumiert, versteht ihre Eigenheiten, interessiert sich für ihr Schicksal –, aber sie haben keine Ahnung, dass es einen gibt.
Lange Zeit gingen Forscher davon aus, dass solche Beziehungen der letzte Ausweg für einsame Menschen seien, die keine echten Bindungen eingehen konnten. Neuere Studien zeichnen jedoch ein differenzierteres Bild. Diese Bindungen sind unglaublich verbreitet – fast schon allgegenwärtig – und können durchaus nützliche psychologische Funktionen erfüllen. Der Haken an der Sache? Sie können auch unerwartete Auswirkungen auf reale Beziehungen haben.
Die überraschende Erkenntnis: Schwärmereien für Prominente können sich realer anfühlen als Bekanntschaften.
Hier kommt etwas, das auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheinen mag: Forscher fanden heraus, dass Menschen ihre starken parasozialen Beziehungen als emotional wirksamer einschätzen als ihre tatsächlichen Beziehungen zu Bekannten.
Denken Sie mal darüber nach. Der Kollege, mit dem Sie sich an der Kaffeemaschine unterhalten? Ihr Nachbar, dem Sie zuwinken? Studien zufolge haben Menschen das Gefühl, dass ein Prominenter, dem sie seit Jahren folgen, sie besser versteht und besser auf ihre emotionalen Bedürfnisse eingeht als die Menschen, mit denen sie regelmäßig zu tun haben.
Wie unterschiedliche Beziehungen hinsichtlich emotionaler Unterstützung bewertet werden
Starke parasoziale Bindungen sind schwachen realweltlichen Verbindungen überlegen.
Die Hierarchie sieht folgendermaßen aus: An erster Stelle stehen enge Freunde und Partner (wenig überraschend), gefolgt von starken parasozialen Beziehungen, dann Bekannten und schließlich schwachen parasozialen Bindungen am Ende. Auffällig ist der zweite Platz – eine Berühmtheit, die man nie persönlich getroffen hat, kann emotional mehr Unterstützung bieten als jemand, den man tatsächlich sieht.
Warum passiert das? Es liegt an der Wahrnehmung. Wenn eine Person des öffentlichen Lebens über einen längeren Zeitraum intime Details preisgibt – sei es durch Interviews, soziale Medien oder die Entwicklung ihrer Figur –, beginnt unser Gehirn, dies als eine echte Verbindung zu interpretieren. Die Illusion von Intimität kann so stark werden, dass sie oberflächlichen, realen Beziehungen Konkurrenz macht.
Das Paradoxon: Kurzfristiger Komfort, langfristige Kosten
Hier wird die Sache kompliziert. Parasoziale Beziehungen können zwar im Moment tatsächlich bei der Emotionsregulation und der Überwindung von Einsamkeit helfen, doch sie bergen auch ein Problem: Sie lassen den eigentlichen Partner im Vergleich schlechter erscheinen.
Das parasoziale Paradoxon
Mit zunehmender Intensität steigen idealisierte Vorstellungen, während die Zufriedenheit in der Beziehung sinkt.
Idealisierte Überzeugungen Beziehungszufriedenheit
Die Studie untersuchte Jugendliche mit starker emotionaler Bindung zu Medienfiguren und befragte sie fünf Jahre später im Studium erneut. Das Ergebnis war aufschlussreich: Diese intensiven parasozialen Beziehungen in der Jugend sagten eine geringere Zufriedenheit in ihren tatsächlichen romantischen Beziehungen Jahre später voraus.
Der Mechanismus hat nichts mit Zeit oder Aufmerksamkeit zu tun. Menschen mit starken parasozialen Beziehungen verbringen nicht unbedingt weniger Zeit mit ihren Partnern. Der Schaden entsteht auf der Wahrnehmungsebene – ihr innerer Standard für einen idealisierten Partner wird durch die sorgfältig inszenierte, idealisierte Version der Berühmtheit oder fiktiven Figur, mit der sie sich identifizieren, überhöht. Ihr realer Partner, der unweigerlich Fehler hat und in tatsächliche Konflikte verwickelt ist, kann mit einer Fantasie nicht mithalten.
Ihr Bindungsstil ist wichtig – und zwar sehr wichtig.
Nicht jeder ist gleichermaßen anfällig für die Auswirkungen parasozialer Beziehungen. Ihr Bindungsstil – also die Muster, die Sie früh im Leben im Hinblick auf das Streben nach Nähe und Geborgenheit erlernt haben – spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie stark diese einseitigen Bindungen Ihre realen Beziehungen beeinflussen.
Bindungsstile und parasoziale Interaktion
Ängstliche Bindungstypen weisen die stärksten parasozialen Bindungen auf
Hohes Engagement Mäßiges Engagement Geringes Engagement
Ängstlich gebunden: Höchstes Risiko
Wer sich häufig Sorgen um Beziehungen macht, viel Bestätigung braucht und Angst vor Zurückweisung hat, neigt eher zu intensiven parasozialen Beziehungen. Der Reiz ist psychologisch nachvollziehbar: Ein Promi-Schwarm bietet das Gefühl von Nähe ohne die Verletzlichkeit einer möglichen Zurückweisung. Man kann buchstäblich nicht enttäuscht werden, weil die Beziehung von vornherein nie auf Gegenseitigkeit beruhte.
Sicher befestigt: Ausgewogener
Menschen, die sich in engen Beziehungen wohlfühlen und ein gesundes Selbstwertgefühl haben, gehen parasoziale Beziehungen eher ungezwungen ein. Sie können es genießen, einem Prominenten zu folgen, ohne dass dies ihre Sicht auf ihren tatsächlichen Partner verzerrt. Sie behalten die richtige Perspektive.
Vermeidend gebunden: Geringstes Engagement
Wer emotionale Distanz und Unabhängigkeit bevorzugt, zeigt insgesamt das geringste parasoziale Engagement. Das ist nachvollziehbar – wer alle Beziehungen auf Distanz hält, tut dies vermutlich auch bei einseitigen Beziehungen.
Kann ein Promi-Schwarm als Fremdgehen gelten?
Das mag zunächst wie eine seltsame Frage klingen, doch Forscher haben sie tatsächlich untersucht – und die Ergebnisse sind interessant. Auf die Frage, ob eine starke parasoziale romantische Bindung zum Partner als Verrat gilt, antworteten 76 % mit Ja. Das ist zwar weniger als die Raten für tatsächliche Offline-Affären (94 %) oder emotionale Online-Affären (88 %), aber immer noch die Mehrheit.
Man erkennt, dass etwas Wichtiges aus der Beziehung verloren geht, wenn ein Partner sich emotional stark mit einer Berühmtheit oder einer fiktiven Figur identifiziert. Diese parasoziale Bindung signalisiert, dass der Partner den anderen an einem idealisierten Ideal misst – und das schmerzt, selbst wenn es nie zu einem tatsächlichen Kontakt kommt.
Die Forschung hat auch bestätigt, was als parasoziale Eifersucht
Echte Eifersucht, ausgelöst durch einseitige emotionale Bindungen des Partners, tritt bei Männern wie Frauen auf, wobei die Auslöser je nach Geschlecht leicht variieren.
Warum die Adoleszenz wichtig ist
Eine der auffälligsten Erkenntnisse betrifft den Zeitpunkt. Parasoziale Beziehungen, die in der Jugendzeit geknüpft werden, scheinen dauerhafte Muster für romantische Beziehungen zu schaffen. sollen
So sehen sie aus. Anstatt durch tatsächliche Beziehungserfahrung korrigiert zu werden, bleiben diese idealisierten Erwartungen bis ins Erwachsenenalter bestehen und führen zu chronischen Vergleichsproblemen.
Dies legt nahe, dass Gespräche über parasoziale Beziehungen und realistische Beziehungserwartungen während der Adoleszenz wertvoll sein könnten – bevor sich diese Muster tief verfestigen.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Ihr Gehirn behandelt parasoziale Beziehungen als real. Deshalb können sie wirklich tröstlich sein – aber auch deshalb können sie problematische Vergleichsmaßstäbe für tatsächliche Partner schaffen.
Der Bindungsstil sagt die Verletzlichkeit voraus. Ob eine parasoziale Beziehung die Zufriedenheit in Ihrer Partnerschaft beeinträchtigt, hängt mehr von Ihrer individuellen Psychologie ab als von der Intensität der parasozialen Bindung.
Der Schaden ist wahrnehmungsbedingt, nicht verhaltensbezogen. Man verbringt nicht unbedingt weniger Zeit mit seinem Partner – man beginnt ihn nur als weniger geeignet wahrzunehmen, weil man ihn unbewusst mit einem unerreichbaren Standard vergleicht.
Diese Muster können früh auftreten und bestehen bleiben. Intensive parasoziale Beziehungen in der Adoleszenz sagen eine geringere Beziehungszufriedenheit Jahre später im Erwachsenenalter voraus.
Transparenz hilft. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine ehrliche Kommunikation über parasoziale Bindungen – und nicht etwa Geheimhaltung – deren negative Auswirkungen auf Beziehungen verringern kann.
Was können Paare tun?
Wenn Sie diese Muster bei sich selbst oder in Ihrer Beziehung erkennen, finden Sie hier einige Lösungsansätze, die sich aus der Forschung ergeben:
Normalisieren Sie es zuerst. Parasoziale Beziehungen sind unglaublich häufig und nicht per se pathologisch. In einen Prominenten verknallt zu sein, macht einen weder seltsam noch gestört.
Hinterfrage deine Überzeugungen. Erzeugen Ihre parasozialen Bindungen unrealistische Erwartungen an einen Partner? Ist Ihr mentales Bild von dem/der idealer Partner
basiert es eher auf einer inszenierten Medienpersönlichkeit als auf dem, was in einer echten, partnerschaftlichen Beziehung tatsächlich erreichbar ist?
Verstehe deinen Bindungsstil. Wenn Sie zu ängstlicher Bindung neigen, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie möglicherweise anfälliger dafür sind, dass parasoziale Beziehungen Ihr reales Liebesleben beeinträchtigen.
Reden wir darüber. Paare, die offen über ihre parasozialen Bindungen sprechen können – und sie mit Neugier statt mit Scham oder Geheimhaltung behandeln – scheinen besser dazustehen als jene, die sie verbergen.
Prüfen Sie, welche Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Manchmal ist intensive parasoziale Interaktion ein Hinweis darauf, dass in der eigentlichen Beziehung etwas fehlt. Das sollte man genauer untersuchen.
Fazit
Parasoziale Beziehungen existieren auf einem Kontinuum. Eine oberflächliche Bewunderung für Prominente unterscheidet sich grundlegend von einer emotional alles verzehrenden Bindung, die die Erwartungen an reale Partner prägt. Erstere ist harmloser Spaß; letztere kann die Zufriedenheit mit dem fehlerhaften, realen Menschen, mit dem man tatsächlich eine Beziehung führt, schleichend untergraben.
Die wichtigste Erkenntnis aus all diesen Studien? Das Problem ist nicht die parasoziale Beziehung an sich, sondern der Verlust des Blickes für den Unterschied zwischen einem inszenierten Medienbild und einer realen Person, die unseren Alltag teilt. Wenn Sie sich dieser Unterscheidung bewusst sind, können Sie Ihre Lieblingsstars genießen, ohne dass diese Ihr Liebesleben beeinträchtigen.